Selbstbedienung

Mittags seid ihr schon da:
Handlanger, Kohlenschipper,
Bodensatz meiner Gesellschaft,
mit aschfahlem Gesicht,
schlierigen Augen, Stoppelbart.

Ihr seid die Letzten,
Verlassenen, schiebt den
Müll zusammen der Nacht,
klopft von den Wänden feinen Rost –
Fundament unseres Voranschreitens –
grobe Hände, leerer Blick.

Schweigend tragt ihr unseren Wohlstand
auf euren Schultern,
Frauenlos, Kinderlos, heimatlos,
dreckiger Abschaum,
zittrige Hand.

Hotte hat gestern mächtig
einen geballert. Es dreht
sich die Welt nur einmal,
trockene Kehle. Du hast immer
Durst, Gier, dieser

Rausch, alles zu vergessen.
Nebel legt sich über dich,
der du auf alles pfeifst, wenn
die glänzende Karosse vorbeirast,
torkelst du still über deinen Hinterhof.

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Ablehnung

Formulare und Anträge
sind die Gedichte
unserer Zeit.
Personenkennzahl, Name,

Staatszugehörigkeit,
Reisegründe, die
Klassiker der Epoche.
Und du, Genosse Schmidt,

sortierst den Eingang,
die Guten ins Töpfchen,
die Schlechten ins Kröpfchen.

Wenn ich den Stempel hab,
trag ich dich Heim, geprüftes Formular.
Nichtzutreffendes streichen!

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Paar, 1984

Liebste lass uns durch
die Aktenhefter fleißiger
Journale wandern
Ich finde den Augenblick
besonders günstig

Über uns ein Himmel
aus Tschernobylblau
Hinter uns ein Meer
aus Robbensterben
und rundherum Ölkatastrophen

Mörder suchen laufend
neue Opfer

Das sind so Worte Liebste
die stehen auf dem Papier
und liegen rum
Irgendwie Giftmüllberge

Panzersperren
Hungerkatastrophen
Drittes Reich
In unserem Bett

flüstern wir zärtlich
Maximalausstoß
Erdbebenopfer
Fluorkohlenwasserstoff

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