Bericht der Annemirl Bauer

deutsche Malerin (1939 – 1989)

Als Kind kam ich aus
Dem großen Krieg der
Nationalsozialisten und
Sah die totale Zerstörung

Meine Mutter galt unter
Den Mördern als Verfemte
Da sie ihre Unmenschlichkeit
Nicht akzeptierte

Ich liebte das kleine Land
Die DeDeeR die vorgab den
Besitz unter allen Menschen
Aufzuteilen und Frieden zu schaffen

Der Freiheit galt meine Liebe
Der Freiheit der Kunst die ich
In den Dienst der Massen
Gestellt sah

Ich studierte Wesen und
Wirkung der Malerei
Begriff die Linie als Grenze
Und die Farbe als Form

Es war mein Wunsch beim Aufbau
Der neuen Gesellschaft zu helfen
So kamen und gingen die Jahre
Wie einzigartige Bilder

Als die Mauer gebaut wurde
War ich einverstanden
Bis ich sah dass Menschen
An ihr getötet wurden und sie

Mich für immer vom Licht
Südfrankreichs von den Künsten
Italiens und Spaniens
Dem Leben generell trennte

Ich malte was ich sah
Frauen in ihrem
Kampf ihren Zweifel
Ihre Kraft und Solidarität

Als meine Tochter kam
War sie mein Glück
Auch ohne ihren Vater
Waren wir stark

Ich schrieb Briefe und forderte
Dass alle Menschen der DeDeeR
Reisemöglichkeiten ins west
Liche Ausland erhalten sollten

Ich malte die Toten
An der Mauer
Die Trauer der Ausreisenden
Die Ungerechtigkeit

Meine Angst war groß
Als drei Herren der Staats
Sicherheit vor mir standen
Und mir Übertretungen vorwarfen

Ich fürchtete mich vor
Meiner eigenen Courage
Hatte nachts Albträume und
War zu nichts in der Lage

Meine Bilder und meine Überzeugung
Halfen mir gegen den Wahnsinn
Die Abstumpfung die
Schizophrenie

Ich weinte als man mich aus
Dem Verband ausschloss in meine
Wohnung einbrach und als sich
Freunde vor mir zurückzogen

Nachts träumte ich von
Meinem Mann und meinen
Drei Kindern wir saßen in einem
Großen wilden Garten und lachten

Das Leben ist ein Traum ist
Ein Bild das am nächsten
Tag mit kräftigen Farben
Übermalt wird

Ich war glücklich
Ein Fluss
Eine tiefe
Unendliche Wildnis

Wenige Tage bevor das
Ziel erreicht war der
Fall der Mauer starb ich
In meinem einundfünfzigsten Jahr

Die Felder wogten golden
Und Hitze verbrannte meine Haut
Ich stand auf einer grünen Wiese
Und malte mein letztes Bild

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Juli

Hoch steht die Sonne über mir
In ihrem Strahlenkleid
Verführerisches grelles Funkeln
Und alles ist bereit

Süße Früchte fallen in den
Korb der nach Misteln duftet
Und auf den Feldern reift
Das goldene Korn

Fabelwesen steigen auf
Zwitschern ihre Melodie
Das blaue Zelt mit weißen Tupfen
Füllt mein Herz mit Zärtlichkeit

Menschen warten an den Ufern
Und blicken weit hinaus
Wir leben jetzt und dann nie wieder
Ich breite meine Arme aus

Es ist ein Tag der
Niemals enden soll
Die Tage nach Johannes
Sind aus Samt

Schon fallen Schatten über
Verdunkeln meinen Blick
Ich bin im Rausch verneige mich
Bald bist du enteilt

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Nachtrag

Schmerz wenn der
breite Fluss des Lebens
in ausgetretenen Pfaden
und der Mensch eine Maschine

Schmerz auch wenn Gier Neid
und Hochmuth an der Macht
und Anmaßung Lüge
und Gift herrschen

Pein der Verlust der Phantasie
wenn Geraden Gesetze und strenge Gebete
das Leben bestimmen statt der un
endlichen Möglichkeiten des Minerals

Tödlich der Entzug der Liebe und der
Freiheit die lebensnotwendig und
statt ihrer Zahlen Prognosen
und Apparaturen den Tag teilen

Verheerend die Auslöschung der Landschaft
der Bäume Tiere und Pflanzen
unserer Brüder und Schwestern und
all der Lebewesen

Schmerz auch mein wildes Verlangen
und dass ich täglich
meinen Beitrag dazu leiste

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