Künstlerhof Schreyahn

für B.S.

Am Morgen eilen die Katzen
die Weiße mit dem gelben Fleck
die Gelbe mit dem weißen Fleck
die Weiße mit dem schwarzen Fleck
dann die Graue selbst

Sie kommen von irgendwoher
getapst auf die Terrasse
schauen ins Haus
Ihr zutraulicher Blick
ihr putziges Aussehen
ein Ergebnis der Evolution
Hoffen auf Fressbares
Ihr liebliches Mauzen ein
Zugeständnis an die Ohren
der schlafenden Dichter

Die freuen sich über den Besuch
widmen dem Wesen als solchem
ein ergreifendes Gedicht
Es durchstreift das Revier
eine Schwadron nach oben
gestreckter Schwanzspitzen
Eine Kompanie gestreifter Tatzen
auf der Suche nach Futter
Der Komponist öffnet
sein Zwölftonherz
und zieht die Jungen auf
bis er entnervt abreist

Sie kommen jeden Tag
sitzen wie die Säulenheiligen
und warten angefüttert
vom Vorgänger des Vorgängers
Eine Palette Katzenfutter ist nicht die Welt
Paradieren zwischen Vorderhaus
und Seitenflügel Hinterhaus und
irgendwo

Ihre flauschigen Köpfe mit den Spitzohren
ihr federnder Gang
Sie lugen über das Brett
Ihre Köpfchen drehen sich im Wind
Der Wunsch ist der Vater des Gedanken
Da oder dort wird eine Dose geöffnet
Vielleicht fällt bei der Dichterin was ab?

Ich habe kein Katzenherz
Sollen sie sitzen
bis sie grau werden
Mauz singt die mit dem gelben Fleck
Geduld muss sie haben

Ob Kopf oder Schwanz
zur Kellertür zeigen
ist schließlich egal

2006


Veröffentlicht18. August 2020 von sylviawa in Kategorie "Schwelgen auf verlorenem Posten