Wanderungen

Ich atme die Stadt
ein Landesteil
Sektorenluft damals

Das Tal der Tränen
war die Hölle nicht
nur ganz normal

In den Kerkern der Demokratie
war ich der Aufsichtsbeamte
versah dort meine Pflicht

Mit sicherem Schritt
und eingeklemmtem Herz
Die Tränen der Verstorbenen haben
mich gelegentlich gerührt

Ich war im Dienst in meinem Inneren verschlossen
Die Kastanie die ich fand
warf ich auf der Stelle fort

Es waren wüste Jahre
durch die mein Hunger ging
Fremd war der Körper
das unbekannte Stück

Ich kroch auf allen Vieren
Blutleeres Zeug
Und über mir die Sterne
groß und hell und klar

Ich sah die Berge fliehen
den kalten trockenen Sand

Zermahlener Stein
Dein Schicksal ist bestimmt
das meine

Ich trank
das Salz
den Kot
der Freunde

Ihr Dreck war mein Geschenk
Ihr Fall mein Wegeshalt

Ich ging
von Helligkeit durchsiebt
und hielt am
Irren fest

Ich wartete
an verschiedenen Stationen
Der warme Wind durchpfiff
den stummen Ort

Ein Niemand kam
ein jeder wollte gehen
Ich harrte aus im Zentrum
des Planquadrats
das nur ein Wunsch war
meiner Ewigkeit

Ich wandre diesen Weg
Mein Horizont ist schmal
Ich geh zurück
voran

Ich kann nicht wissen
wo ich bin
Das Andere will ich
kann ich nicht erfahren

Das oben steht
Das Ziel

Ich bin
mit euch zu gehen
hergekommen

Gekommen Gegangen
wie die Jungfrau mit dem Kind

2006

Zeichnungen: Jan H. Struzyk

Veröffentlicht18. August 2020 von sylviawa in Kategorie "Schwelgen auf verlorenem Posten