Bericht eines alten Kohlenträgers

Günther mein Name.
Nachname? Tut nichts zur Sache,
reicht, wenn de Günther weeßt.

Ich bin da hinten,
eine Straße weiter,
die Ecke, jenau,
da ist die Firma,
wo ich bin.

Wie lange?
Ach Jott, Jahrzehnte, bestimmt.
Nur nicht dran denken,
nehmen wir erst mal einen –
Prost!

Damals war das noch was:
Kohlenträger!
Du hattest Weihnachten
immer deine Geschenke:
Eene Ente, zwei Flaschen Klaren,
vier Schachteln Zigaretten.
Das waren Zeiten!

Heute musst du aufpassen,
dass dir die Jungschen
nicht den Stamm wegschnappen.
Na die, wo du immer
deinen Schein hast.
Höllisch aufpassen musste!

Ich war mal krank.
Na, die Leute waren froh, als
ich wieder ufftauchte.
Der Typ hatte die doch
glatt erpresst:

N´ Schein und ´ne Pulle!
Sonst looft nichts!
Stell dir das vor!
Die Leute waren froh, dass ich
wieder da war.

Bescheißen? – Machen wir alle.
Jeder. Was willste machen!
Na gut, einmal habe ich
eine Ladung zweimal verkauft,
wenn die Leute so blöd sind.

Ich weiß Bescheid, wie man aus
zwanzig zweiundzwanzig Zentner
macht. Na klar. Was willste machen.
Aber in Grenzen muss es sich
halten, man darf nie übertreiben
im Leben, wa!

Wenn jeder nur´n
bisschen bescheißt, dann
haben wir doch alle
was davon, oder?
Is doch so!

Naja, nüscht für unjut,
ich muss los.

Und verjiß nicht:
Immer schön in Maßen!


Veröffentlicht2. August 2020 von sylviawa in Kategorie "Der eiserne Vorhang