die alte Frau steht,
der Weg sind die Füße,
die Schritte sind kurz,
sie würde ja reden,
die Brille verstaubt,
der Wind weht heftig,
sie rührt eine Hand
und glättet den Rock,
wohin soll sie heute?
sie steht an der Ecke,
dort wohnte der Mann,
der hatte einen guten Anzug an,
sie schaut in die Tasche
und wühlt in dem Kram,
die Schuhe, die Haare,
die Knochen sind alt,
die alte Frau geht,
der Mantel zerrissen,
der Paul und die Schwester,
wie hieß sie gleich noch?
Tilla der Name, und schön war die,
die alte Frau steht,
Zeit nur vergeht,
sie guckt nach links,
der Weg ist lang,
die Knie sind kalt,
an der Ecke steht sie,
da war dieser Mann,
der hatte die scharf gebügelten Hosen an,
der brachte ihr Rosen,
der brachte ihr Glück,
die alte Frau steht
und schaut in die Tasche,
sie hat heute Zeit,
der kommt nicht wieder
der einzige Mann,
die alte Frau geht,
sie zählt die Jahre,
die Kinder sind fort,
sie spuckt in die Ecke,
sie glättet den Rock,
das war im Krieg,
als Paul sie beschwor,
dann musste er weg, oder war das davor?
Er ist gefallen,
tief in den Schnee,
einen Brief erhielt sie,
was wollte er dort?
die alte Frau steht,
sie dreht den Verschluss,
sie gönnt sich das jetzt,
sie nimmt einen Schluck,
die alte Frau steht,
spuckt in den Schnee,
sie dreht sich im Licht,
es wäre zum Lachen,
wenn es nicht traurig wär´,
sie hat sich geschunden,
geschuftet hat sie,
die alte Frau steht,
bis zur Ecke sie geht,
der Weg sind die Füße,
die Schritte sind kurz,
sie würde heute reden,
die Brille verstaubt,
die alte Frau steht,
bis zur Ecke sie geht,
die alte Frau steht.
1985