Einsam

gähnt die Straße am Wochenende
Regen verhüllt ihr graues Kleid
Zäh klebt der Einkauf im Vergnügungspark
Ich schlafe unter der Erde

Kahl ragt das Geäst vom Himmel
Lebenslänglich ist Nase popeln
Vergänglich der Hundertjährige Krieg
Ein stummes Spiel die Selbstbefriedigung

In meinem Kopf laufen die Gespräche
Mein Ich war dein Ideal
Das unendliche Band rotiert

Schweigen ist Wald
Blutbad ist Sarajewo
Warum ist die Banane krumm
und das Herz teilbar?

1997

Katgeorie:Schwelgen auf verlorenem Posten | Kommentare deaktiviert für Einsam

Mein Nachbar

Mein Nachbar gräbt den Garten um
ein Herr mit dünnen Haaren
Er fasst den Stiel
er tritt er stößt
seit Jahren schon in Rente
Er gräbt die deutsche
Geschichte um
Preußische Fruchtanlagen

Er zieht die Reihe
Kein Unkraut darf hier
Er sticht er rupft
genau und akkurat
Er war Soldat in Polen
Er läuft er fasst
Schwarzerde fällt zu Boden
und seine Frau ruft:
Heinz komm Kaffee!

Der Krieg
die schönste Zeit
Er presst den Stiel
bis er die Reihe zackig hat
Schweigend steht der Spaten still
in feuchtem Mutterboden

Nachts im Bett
erst hoch dann tief
dann links dann rechts
Er liegt im Schützengraben
und sieht die Kugel fliegen
Sie schwebt heran
direkt zu ihm
Sie trifft ihn mitten in die Stirn

1992

Katgeorie:Schwelgen auf verlorenem Posten | Kommentare deaktiviert für Mein Nachbar