Wetterkapriolen

Graue Fetzen jagen, vom Sturm
getrieben, übers Land
ein Schwall aus Ungestalten
Wesen aus der Unterwelt

Wild saust das Ungetüm heran
verformt und quillt
das teuflische Gespinst
in einem rasenden Orkan

Wütend feiert tolle Lust
ein beispielloses Fest
aus Gier und Hochmut
Wahnsinn und Begehr

Geduckt das Land, in sich verkehrt,
und ängstlich blickt der Mensch,
der sonst so groß und weise, aus
seiner Ecke in den rauschenden Verfall

Doch dann verzieht sich das Gebräu
und blauer Himmel blinkt
dem Rest des Tages
wie ein lustiges Versprechen

Fein leuchtet die verzauste Landschaft
und alle Straßen glänzen frisch
und aus den Häusern treten Menschen
mit offenem Gesicht

So wandelt alles zwischen
hell und dunkel, schwarz und weiß
Was eben dunkel und voll Angst
tritt anderswo zu Tag

Katgeorie:Das Jahr der göttlichen Mikrobe | Kommentare deaktiviert für Wetterkapriolen

Flüchtling

Ich Mensch
von Menschen vertrieben
im Auftrag anderer Menschen
die das Vertreiben betreiben

Ratlos unter der strengen Aufsicht
eurer Augen
die blind
wie eure Angst

Der Krieg fraß
mein Haus meine Familie
fraß und frisst
meine Seele

Verlassen mein Herz
mein Baum
meine Wurzeln
Beute gieriger Mörder

Pfand entwurzelter Söldner
Gut fehlgeleiteter Gläubiger
Kaution verirrter Krieger
Janusgeschenk zerbombter Seelen

Meine fünf Kinder zittern
eine Welt
ohne Fenster

Kalt mein Sinn
so steinern eure Gärten
so prachtvoll eure Ordnung
Meine letzte Hoffnung

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Spaziergang

für Beate F.

Du gehst in festen Winterstiefeln
mit mir über die Wiese und erzählst
von deinen Kindern
von deinem Mann

Auf dem Hügel beobachten wir
die Kraniche bei ihrem Rundflug
Sie meiden uns
so wie wir uns meiden

Wir sprechen nicht
über das Wichtige
Es fliegt mit den
Kranichen davon

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